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Lernen durch Content-Produktion (LdCP), auch Learning by Content-Creation (LdCC) genannt, ähnelt dem Konzept des Lernens durch Lehren (LdL), bei dem Lernende eigenständig Themen erarbeiten und präsentieren. LdCP / LdCC ist ein didaktischer Ansatz, bei dem Lernende durch die Erstellung eigener multimedialer Inhalte (Content) selbst-aktiv Wissen erwerben und vertiefen. Dabei geht es nicht um das Konsumieren von Informationen, sondern um Recherchieren, Strukturieren und Vermitteln – also um einen echten Wissensproduktionsprozess; voll digital und bei Bedarf mithilfe von KI.

LdL und LDCP sind methodische Ansätze, die auf aktive Beteiligung der Lernenden setzen und diese in den Mittelpunkt des Lernprozesses stellen.

Während diese Ansätze ähnliche Ziele wie die Förderung von Eigenständigkeit, Teamarbeit und vertieftem Verständnis verfolgen, liegt der Fokus auf unterschiedlichen Praktiken und Ergebnissen.


Lernen durch Lehren (LdL) nach Jean-Pol Martin

Beim Lernen durch Lehren übernehmen die Lernenden die Rolle der Lehrenden. Sie erarbeiten sich Inhalte eigenständig oder im Team und bereiten diese so auf, dass sie sie anderen vermitteln können. LdL basiert auf konstruktivistischen Lernansätzen und orientiert sich an den Prinzipien:

  • Aktive Wissenskonstruktion: Lernende bauen ihr Wissen selbst auf, statt es passiv aufzunehmen.
  • Sozialer Austausch: Wissen wird durch den Dialog und die Interaktion mit anderen vertieft.
  • Selbstwirksamkeit: Lernende erleben, dass sie durch ihre eigenen Fähigkeiten anderen helfen und dabei auch selbst wachsen können.

Ziel ist es, nicht nur das eigene Verständnis zu vertiefen, sondern auch das der anderen. Der Wissenstransfer wird so zu einem kollaborativen Prozess.


Lernen durch Content-Produktion bzw. Creation nach Susanne Braun-Speck

LdCP / LdCC erweitert das Konzept von LdL um den Aspekt der digitalen und multimedialen Verarbeitung von Inhalten. Es geht nicht allein darum, Informationen zu recherchieren und Wissen zu verstehen, sondern dieses auch kreativ aufzubereiten und für eine potenziell breitere Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Typische Schritte und Kompetenzen beim LdCP umfassen:

  • Recherche und Analyse: Informationen suchen, bewerten und ihre Relevanz prüfen (Faktencheck).
  • Kreative Aufbereitung: Inhalte so gestalten, dass sie visuell, auditiv oder interaktiv ansprechend sind (z. B. in Form von Blogbeiträgen, Videos, Infografiken).
  • Digitale Kompetenzen: Umgang mit Tools – auch mit KI – und Plattformen zur Erstellung und Veröffentlichung von Inhalten.
  • Zielgruppen-Orientierung: Inhalte an die Bedürfnisse und Interessen der Zielgruppe anpassen.
  • Teamarbeit und Kollaboration: Gemeinsame Planung und Umsetzung von Projekten.
  • Stakeholder-Einbindung: Nutzer durch Umfragen, Feedbackschleifen oder interaktive Formate in den Prozess einbeziehen.

Der Wissenstransfer wird so zu einem kollaborativen sowie öffentlichen Prozess – angewendet und erprobt seit 2017!

Durch diese vielfältigen Fähigkeiten werden Schüler/-innen nicht nur auf die digitale Arbeitswelt vorbereitet, sondern entwickeln auch wichtige Zukunftskompetenzen wie kritisches Denken, Kreativität und Kooperation.


 

Beispiele für Learning by Content-Creation

  • MediaTeams 4 BNE: Schul- oder Azubi-Teams produzieren journalistische Inhalte zu Nachhaltigkeitsthemen.
  • Online-Schülerzeitungen & MediaTeams 4 Schools: Schüler:innen recherchieren und veröffentlichen selbst Artikel – voll digital.
  • Podcasts & Videos: Erstellung eigener Lernformate zu Fachthemen.

Referenzprojekte von Braun-Speck Verein: erkant.de sowie BNE-digital.de. Weitere Referenzen siehe: mediateams.de/referenzen/


Warum ist LdCP / -CC effektiv?

  • Fördert tiefgehendes Lernen statt reines Auswendiglernen.
  • Entwickelt Medienkompetenz und kritisches Denken.
  • Stärkt Eigenverantwortung und Selbstwirksamkeit.
  • Unterstützt kollaboratives Arbeiten.
  • Bereitet auf die digitale Wissensgesellschaft vor.

Unterschied von Lernen durch Content-Produktion von traditionellen Lernmethoden

  • Aktive Rolle der Lernenden: Statt passiv Wissen aufzunehmen, gestalten Lernende aktiv Inhalte. Sie recherchieren, analysieren und bereiten Informationen verständlich auf. Das vertieft ihr Verständnis und stärkt ihre Medienkompetenz.
  • Digitale Kompetenzen: LdCP vermittelt praxisnah digitale Fähigkeiten: Die Lernenden nutzen verschiedene Tools und Plattformen zur Content-Erstellung und Präsentation – eine wertvolle Vorbereitung auf die digitale Arbeitswelt.
  • Flexibilität und Personalisierung: Ähnlich wie digitales Lernen ermöglicht LdCP flexibles Lernen – zeitlich und thematisch. Lernende bestimmen ihr eigenes Tempo und wählen Schwerpunkte nach ihren Interessen.
  • Kollaboration und Wissensaustausch: LdCP fördert Teamarbeit und Wissenstransfer. Inhalte werden nicht nur intern, sondern oft auch für eine breitere Öffentlichkeit erstellt – das erweitert den Lernprozess über die eigene Perspektive hinaus.
  • Praxisorientierung: Statt theoretischer Wissensvermittlung stehen reale Inhalte für echte Zielgruppen im Fokus. Diese Praxisnähe stärkt die Relevanz und Anwendungskompetenz der Lernenden.
  • Kontinuierliches Feedback: Durch den iterativen Prozess der Content-Erstellung erhalten Lernende fortlaufend Rückmeldungen. Ähnlich wie im agilen Lernen ermöglicht dies eine stetige Weiterentwicklung ihrer Fähigkeiten.
LdCP ist interaktiv, praxisnah und optimal auf die digitale Welt abgestimmt – ein moderner Ansatz, der über klassische Lernmethoden hinausgeht.

Fähigkeiten im Detail – was (Berufs-) Schüler/-innen und Azubis lernen

Die LdCP-Methode ermöglicht nur nur, dass sich (Berufs-)Schüler:innen und Azubis selbst-aktiv Wissen erarbeiten und aneignen, sondern bereitet sie auch gezielt auf die Anforderungen der digitalen Arbeitswelt vor. Die erworbenen Kompetenzen lassen sich in sechs Schlüsselbereiche unterteilen:

Digitale Kompetenzen

  • Umgang mit verschiedenen digitalen Tools (u.a. KI-Anwendungen) und Plattformen zur Erstellung und Veröffentlichung von Inhalten
  • Multimediale Gestaltung von Inhalten (Bilder, Videos, Audios)
  • Digitale Präsentationstechniken

Informationsverarbeitung

  • Eigenständige Recherche und Analyse von Informationen
  • Kritische Bewertung und Faktencheck von Quellen
  • Strukturierung und sinnvolle Aufbereitung komplexer Inhalte

Kommunikation und Zusammenarbeit

  • Zielgruppenorientierte Kommunikation
  • Teamarbeit und Kollaboration in Projekten
  • Präsentation von Ideen und Ergebnissen

Kreativität und Problemlösung

  • Kreative Aufbereitung von Inhalten für verschiedene Formate
  • Entwicklung innovativer Lösungsansätze
  • Storytelling und narrative Gestaltung

Medienkompetenz

  • Reflektierter Umgang mit sozialen Medien und digitalen Plattformen
  • Verständnis für mediale Wirkungsmechanismen
  • Aktive Gestaltung statt passiver Konsum von Medieninhalten

Persönliche Entwicklung

  • Selbstständigkeit und Eigenverantwortung im Lernprozess
  • Stärkung des Selbstbewusstseins durch eigenständige Produktion
  • Entwicklung einer persönlichen Haltung zu Themen, dabei optimaler Weise eine ganzheitliche Betrachtung der Themen

Methodische Kompetenzen

  • Anwendung agiler Arbeitsmethoden
  • Projektmanagement und Zeitplanung
  • Selbstreflexion und kontinuierliche Verbesserung der eigenen Arbeit

Fazit:

LdCP / LdCC kombiniert digitale, kreative und kollaborative Lernmethoden zu einem modernen und zukunftsfähigen Bildungsansatz. Es verbindet eigenständiges Wissenserarbeiten mit realitätsnahen Projekten und bereitet Lernende auf die digitale Arbeitswelt vor.

Alle Schulbeteiligten kennen das: Eine Projektarbeit steht an; Teams finden sich von alleine oder werden mit Methode von Lehrkräften zusammengestellt. Manchmal kann das Thema freigewählt werden, manchmal steht es fest. Doch eins ist immer klar: Die SchülerInnen bringen sich unterschiedlich in ihren Teams ein. Einige leisten richtig viel, Andere gucken den Willigen bei der Arbeit zu. Wie können entsprechend Projektarbeiten fair benotet werden? Vielleicht mit einer Team-ScoreCard?

(Zur Info: Dieser Beitrag erscheint Ende 2020 im Booksprint „Agilität und Bildung“.)

Für diese Problematik habe ich bisher keine leichte, stressfreie und faire Methode erlebt und beschäftigte mich zuletzt Mitte September 2020 damit. Eine Berufsfach-Oberschülerin sprach mich an und erzählte mir ihre Geschichte. Sie, als hochbegabte 16jährige-Schülerin, hatte sich in eine Projektarbeit richtig reingekniet. Als eine von vier Teammitgliedern hatte sie aus vier Teiltexten, davon zwei handschriftlichen, ein Handout am PC erstellt; die Team-Organisation übernommen und eine Powerpoint-Präsentation gestaltet. Außerdem enthielt ihr Textteil einen selbstausgedachten Fragenbogen.

Ein besonders kreativer Klassenkamerad (auch 16) und Teammitglied hatte per Hand mehrere Zeichnungen angefertigt; eine 21-jährige Schülerin fiel besonders positiv bei der Präsentation auf; das vierte (auch 21jährige) Mitglied schrieb allerdings nur 3 Sätze – und verlangte am Ende, maximal 1 Punkt weniger zu bekommen, als die Hochleisterin des Teams. Bekannt war mir bereits, dass die 4. Schülerin zu einer Verabredung mit der 1. Schülerin zwecks gemeinsamer Gestaltung des Handouts nicht gekommen war.

So sieht Gerechtigkeit in keinem Fall aus!

Die Fachlehrkraft hatte gesagt: „Ihr habt insgesamt 44 Punkte, davon hat jeder von Euch zunächst 11 Punkte. Teilt bitte selbst ein, wer wieviele Punkte bekommt; allerdings maximal 15 Punkte pro Person. Daraus könnt ihr dann selbst die Noten ableiten und mir vorschlagen!“ Von dem Ablauf und Aufgabenteilung, wie oben beschrieben, wusste er bereits.

Wenig überraschend war die Folge: Das Projektteam diskutierte heiß und innig über die Bewertungen der Einzelnen. Zunächst wurden alle Teammitglieder beinahe gleich bewertet, obwohl klar war, dass deren gelieferte Leistung sehr unterschiedlich war. Die Schülerin mit den drei Sätzen forderte für sich 10 von 11 Punkten. Der eine Punkt, der ihr abgesprochen wurde, sollte die Hochleisterin bekommen, als 12. Die beiden Anderen sollten ihre 11 Punkte behalten. Im Ergebnis hätten alle Note 2.

Auf einen Blick wird klar: das Leistungs-Bewertungs-Verhältnis stimmt so überhaupt nicht und ist unfair.

Lohnt sich Leistung bei Projektarbeiten für Schüler?

Die Hochleisterin (welche bis vor Kurzen übrigens, trotz Hochbegabung, Minderleister war), wirkte natürlich Unzufrieden und suchte das Gespräch mit mir. Sie war zwiegespalten: Einerseits sprach ihr Gerechtigkeitssinn gegen eine Gleichbenotung aller Gruppenmitglieder, anderseits wollte sie der DAZ-Schülerin (der 4. im Team) helfen. Beinahe Schachmatt? Was ist gerecht? Gleichmachen oder fair bewerten? Mit ihren 16 Jahren zerbrach sie sich den Kopf und suchte Rat.

Größtes Problem übrigens: alleine durch die Diskussion und den Streit über die Vergabe der Punkte im Team war Schülerin 1 höchst demotiviert und bekam als „Lohn“ für ihre Arbeit nun statt Anerkennung, nur Streit und Ärger. Sie fragte sich: Kommen nur Egoisten in den Himmel? Zahlen sich Arbeit und Sozialkompetenz nicht aus? Da sie die Schuljahre davor Minderleister war, war das natürlich eine hochbrenzlige Situation. Sie könnte aufgrund des Frustes wieder ihre Motivation verlieren und in alte, negative, Verhaltensmuster verfallen.


Als faire und sachliche Bewertungsmethode schlug ich ihr eine ScoreCard für Teams vor.

Eine Balanced-Scorecard ist der englische Begriff für „ausgewogene Wertungsliste“ also eine Ergebnis- & Kriterienliste mit Kennzahlen. Sie ist eine Controlling-Methode zur Messung, Dokumentation und Steuerung der Aktivitäten eines Unternehmens oder einer Organisation zu seiner Vision und Strategie. Es gibt auch spezielle Projekt-Scorecards, bei denen es um die klare Messbarkeit von Zielen und deren Wert geht.

Diese Methode wurde hier von mir übertragen und zur bestmöglich gerechten Bewertung der einzelnen Schülerleistungen vorgeschlagen. Ich nenne sie mal „Team-ScoreCard / ScoreCard4 Teams“.


Die Herausforderung bei der Bewertung der einzelnen Schüler bei Projektarbeiten ist u.a., zu erkennen und zu benoten, wer was und wie beigetragen hat. In diesem Fall wurden folgende Aufgaben / Bewertungskriterien definiert:

  • Texteile (jeder SuS seinen Text)
  • Live-Präsentation
  • Skizzen & Zeichnungen (oder: Experiment)
  • Handout-Erstellung
  • Team-Organisation
  • Powerpoint-Erstellung

Bei einer ScoreCard müssen zunächst solche Aufgaben/Kriterien gefunden werden. Mein Vorschlag für die Zukunft ist, diese VOR der Durchführung der Projekte, gemeinsam mit den Schülern zu bestimmen. Dann wird den Schülern auch klar, welche Projektaufgaben anfallen und sie können einschätzen, was und wie viel jeder Einzelne tun muss, um die Arbeit fair zu verteilen und eine gute Note zu bekommen.

Im Anschluss müssen die Aufgaben/Kriterien einen Wert in Punkten erhalten.

Bei der hier beschriebenen Projektarbeit sollte es, laut verantwortlicher Lehrkraft, maximal 44 Punkten geben. Diese Punkte müssen nun dem Arbeitsaufwand gerecht (also ausbalanciert) zugeteilt werden. In diesem Fall so:

Tatsächlich hätten zwar Zeile 7 und Zeile 8 deutlich mehr Punkte bekommen müssen (alleine vom Zeitaufwand her), aber:

Da die Schülerin 4 dann sowenig Punkte bekommen hätte, dass sie Note 5 bekommen müsste, was die überwiegend sozialkompetenten Anderen dann doch nicht verantworten wollten, wurden die meisten Punkte auf Textteile und Live-Präsentation verteilt. Schüler 1-3 hegten durchaus den Wunsch, ihr 4. Gruppenmitglied bestmöglich mit durchzuziehen.

Allein über die Wertigkeit von Einzelprojektaufgaben lässt sich vortrefflich streiten! Die Fachlehrkraft hat hierbei natürlich die besondere Rolle, auf Objektivität zu achten und ggf. zu hinterfragen:

  • Wie zeitaufwendig ist Aufgabe 1, 2, 3?
  • Wie schwierig ist sie intellektuell?
  • Wie schwierig ist sie machbar (digitale Arbeitsmittel? Beschaffung bei Experimenten?)?
  • etc

Die Leistung der einzelnen Arbeit einzuschätzen, folgt am Ende.

Nach getaner Projektarbeit und Präsentation bekommt jeder Schüler (m/w/d) für seine erledigen Aufgaben seine Punkte. Wie viele Punkte er/sie/es von den jeweiligen Aufgaben/Bewertungskriterien erhält, unterliegt natürlich eher einer subjektiven Wahrnehmung und kann doch wieder zu Streit unter den Schülern führen.

Bei der Präsentations-Bewertung könnten z.B. solche subjektiven Kriterien versuchsweise zu objektiven werden:

  • Hat der Schüler (m/w/d) frei gesprochen oder abgelesen?
  • War der jeweilige Beitrag qualitativ hochwertig und interessant?
  • Wie wirkte das Team zusammen?
  • Wer leistete was und wie viel?
  • Wer lieferte Beiträge zum Erreichen des Gruppenzieles?
  • etc.

In diesem Fall wurden sich drei von vier Gruppenmitgliedern allerdings schnell einig. Die Punkte wurden so verteilt:

Erläuterung:

  • Schüler 1 hatte faktisch das Handout (über 4 Seiten) sowie Powerpoint-Präsentation erstellt und alles organisiert.
  • Schüler 2 war bei der Live-Präsentation die beste.
  • Schüler 3 hatte in stundenlanger Arbeit Zeichnungen und Skizzen erstellt.
  • Schüler 4 hatte nur drei Sätze geschrieben und war auch bei der Präsentation sehr zurückhaltend.

Bei den Textteilen hätte Schüler 4 eigentlich weniger Punkte erhalten müssen, aber wie gesagt: das Team wollte Alle Mitziehen und Niemanden durchfallen lassen. Da laut Lehrkraft jedes Gruppenmitglied max 15 Punkte haben durfte, wurden am Ende in Gedanken nochmal Punkte übertragen und die Noten von den Schülern selbst wie folgt vergeben:

Abschließend hier noch eine detaillierte sowie ergänzte Variante der Team-ScoreCard: