In Deutschland gab es rund 22 Millionen (!) Opfer von Internetkriminalität – im Jahr 2022, Tendenz steigend (Statista). Das heißt, jeder 4. Deutsche wurde betrogen. Neben Phishing-Angriffen ist die Infizierung mit Schadsoftware ein großes Problem, außerdem das Kaufen auf Fake-Shops. Das Erste, was in Workshops häufig genannt wird, um die Seriosität einer Website zu erkennen, sind Layout und Impressum – doch dies sind keine verlässlichen Indikatoren mehr …
Wer im Internet unterwegs ist, kennt die klassischen Tipps zur Überprüfung der Seriosität einer Website: Ein professionelles Layout und ein vollständiges Impressum nebst Datenschutzerklärung galten lange als erste Indikatoren dafür, dass eine Seite vertrauenswürdig ist. Doch diese Zeiten sind vorbei. Moderne Betrugsmaschen, insbesondere mit KI-Unterstützung, ermöglichen es Kriminellen, täuschend echte Fake-Websites oder -Shops zu erstellen, die selbst Profis kaum noch entlarven können.
Im September 2024 wurden weltweit rund 342.092 Phishing*-Webseiten entdeckt. Doch den Rekord hält 2023 – alleine im März wurden über 600.000 Phishing-Webseiten registriert (Statista).
Und beim BKA wurden in 2023 über 150.000 Fälle von Waren- und Warenkreditbetrug in Deutschland in der Polizeilichen Kriminalstatistik erfasst.
*Definition:
- Phishing-Webseiten sind gefälschte Internetseiten, die von Cyberkriminellen erstellt werden, um vertrauenswürdige Unternehmen oder Institutionen zu imitieren. Diese Webseiten sind ein wesentlicher Bestandteil von Phishing-Angriffen, bei denen Betrüger versuchen, sensible Informationen wie Zugangsdaten, Finanzinformationen oder persönliche Daten von ahnungslosen Nutzern zu stehlen.
- Fake-Shops: Fake-Shops sind betrügerische Online-Shops, die den Anschein erwecken, seriöse Anbieter zu sein, tatsächlich aber darauf abzielen, Nutzer zu täuschen und zu betrügen. Sie bieten oft Produkte zu sehr günstigen Preisen an, liefern jedoch entweder minderwertige Ware oder gar keine Produkte. Ziel ist es, das Geld und persönliche Daten der Käufer zu stehlen (BKA).
KI verändert das Betrugsniveau
Dank künstlicher Intelligenz lassen sich Webseiten innerhalb weniger Minuten automatisch generieren – inklusive hochwertigem Design, glaubwürdigen Texten und überzeugenden Produktbildern. KI kann ganze Fake-Shops inklusive Produktbewertungen, Social-Media-Integrationen und sogar gefälschten Trust-Siegeln erschaffen. Die Betrüger greifen dabei oft auf Daten echter Unternehmen zurück, kopieren deren Impressum und erzeugen ein täuschend echtes Gesamtbild.
Warum hochwertiges Layout und Impressum keine Sicherheit mehr bieten
- KI-generierte Designs: Viele Betrüger nutzen Vorlagen von seriösen Webseiten, sodass ihre Fake-Seiten auf den ersten Blick nicht von echten Angeboten zu unterscheiden sind.
- Gestohlene Identitäten: Kriminelle kopieren einfach das Impressum legitimer Unternehmen und fügen es auf ihrer Fake-Seite ein. Dadurch scheint die Seite rechtlich einwandfrei, obwohl sie betrügerisch ist.
- Gefälschte Bewertungen und Siegel: Kundenbewertungen und Trusted-Seals sind kein sicherer Anhaltspunkt mehr, da KI-generierte Rezensionen und gefälschte Zertifikate gängige Täuschungsmethoden sind.
- Perfekt gefälschte Kontaktseiten: Viele Betrugsseiten bieten sogar Telefonnummern oder Chat-Support an – betrieben von Betrügern oder Bots, die seriösen Kundenservice imitieren.
Seriöse vs. gefälschte Websites – Erkennungsmerkmale
✅ Merkmale seriöser Websites:
- Bekannte Domain & lange Existenz: Überprüfe, wann die Domain registriert wurde. Viele Betrugsseiten existieren nur für wenige Monate. Seiten wie whois.domaintools.com helfen dabei. Achtung: in der EU funktioniert dies aufgrund der DS-GVO/Datenschutz nur begrenzt.
- Transparenz: Ein vollständiges Impressum mit Firmenadresse, Handelsregistereintrag und Kontaktmöglichkeiten.
- Überprüfe z.B. auf Google-Maps, ob es die Adresse gibt – bestenfalls als „Satelliten-Aufnahme“ bei der das Gelände erkennbar ist und überlege, ob es wahrscheinlich ist, dass z.B. in einem Hochhaus eine Firma sitzt.
- Sichere Zahlungsarten: Kauf auf Rechnung, PayPal oder Kreditkartenzahlung – unseriöse Shops bevorzugen Vorkasse oder Kryptowährungen.
- Echte Bewertungen & Erfahrungsberichte: In Foren und auf Bewertungsplattformen recherchieren: Nutzerberichte zu Shops oder Webseiten helfen, verdächtige Angebote zu entlarven. Recherche auf externen Plattformen wie Trustpilot (Achtung: positive Bewertungen können gekauft sein) oder Google-Maps Bewertungen.
❌ Merkmale von Fake-Websites:
- Preisfallen – ungewöhnlich niedrige Preise & aggressive Rabatte – Wenn ein Angebot zu gut klingt, um wahr zu sein, ist es oft Betrug. Ungewöhnlich hohe Rabatte sind ein Warnzeichen!
- Fehlende oder kopierte Firmen-Informationen – oft gestohlene Impressums-Daten von echten Unternehmen.
- Dubiose URL & Tippfehler – oft enthalten Fake-Seiten leichte Abwandlungen bekannter Domains, z. B. amaz0n-shop.com statt amazon.de.
- Gefälschte Siegel & Bewertungen – Mit KI generierte Fake-Trust-Siegel oder manipulierte Kundenmeinungen sind oft auf neuen Shops zu finden.
Schnell-Check:
- Domain-Check über whois.domaintools.com – Existiert die Seite erst seit Kurzem?
- Google-Bildersuche für Produktbilder (Images.google.de oder auf dem Handy mit „Google Lens“) – Sind sie von anderen Websites kopiert? Produktbilder oder Logos in die Google-Bildersuche hochladen – oft stammen sie von echten Webseiten oder aus Bilddatenbanken.
- Foren & Bewertungsplattformen durchsuchen – Gibt es Warnungen vor dem Anbieter?
- Zu gute Preise? Bezahlmethoden prüfen – Nur Vorkasse? Achtung!
Fazit: Kritisches Denken ist wichtiger denn je
Medienkompetenz bedeutet, sich nicht auf veraltete Prüfkriterien zu verlassen, sondern Betrugsstrategien zu verstehen und aktiv nach verlässlichen Informationen zu suchen.
In Zeiten von KI-gestützten Täuschungsmanövern braucht es mehr als ein gutes Layout und ein vollständiges Impressum, um eine seriöse Website zu identifizieren. Nutzer müssen lernen, tiefer zu recherchieren, Tools gezielt einzusetzen und ihr eigenes Urteilsvermögen zu schärfen. Siehe Beispiel zur Bewertung von Fotos auf Linkedin
Workshops zur Medienkompetenz-Förderung? Gibt es hier für Gruppen und beim sii-talents e.V.